Morgens, mittags, abends, nachts

Von Stephan Herczeg (Malorama)

„Ich verbiete mir ab sofort, die Antville-Update-Seite öfters als einmal stündlich aufzusuchen.“ So lautete ein Post (fast hätte ich Tweet geschrieben), den ich im Juni 2002 in mein Nicht-Antville-Blog reingeschrieben hatte. Und so war es auch: der suchthafte Reload von antville.org, morgens, mittags, abends, nachts. Es gab damals so eine Art unausgesprochene Weblog-Plattform-Hierarchie und die coolsten (deutschsprachigen) Blogs waren einfach auf antville.org zu finden. Ich glaube, vor allem Praschls Rüberwechseln von seinem Sofa-Blog zu Antville hatte dazu beigetragen. Überhaupt war ich, wie viele andere auch, in Praschl verliebt oder in das Bild, das Praschl online von sich entworfen hatte. Und in Günter Hack, Kutter, the frank und Bov Bjerg natürlich auch. Und in viele andere Antville-Blogger:innen sowieso, die ich in meiner Blogroll in einer Extrasektion „antville“ verlinkt hatte.

Euphorische Zuneigung zu Leuten, die man eigentlich gar nicht kannte. Das ist so eine Gefühlslage der frühen 2000er-Jahre, die ich mit den „frühen“ Weblogs im allgemeinen und speziell mit Antville verbinde. Das war auf eine gewisse Weise natürlich auch anstrengend. Und wenn ich heute auf Twitter sehe und beobachte, wie sich „Communities“, Gruppen und Zirkel bilden und zusammenfinden und sich gegenseitig toll finden und besuchen, denke ich schon auch, ja danke, das hatte ich bereits vor zwanzig Jahren und möchte es dann vielleicht doch nicht nochmal durchmachen. Auch wenn ich wirklich für viele Bekanntschaften und Freundschaften sehr dankbar bin, die sich aus Blogzusammenhängen ergeben haben.

Wie sich erkennen lässt, beherrscht die Vergangenheitsform die bisher geschriebenen Sätze. Ich lese keine Blogs mehr. Oder nur noch wenn Altbekannte twittern „Ich habe gebloggt“. Das Thema scheint also für mich abgeschlossen zu sein, was natürlich schade ist, wenn ich mir vor Augen führe, wie wichtig Blogs einmal für mich waren. Kürzlich habe ich „Blog-Texte“ auf einer großen Unternehmensseite „eingepflegt“ (ich mache freiberuflich so Internetzeug). Die Blogtexte kamen als Word-Dateien direkt von einer SEO-Agentur. Und ich dachte mir, genauso tot wie dieser SEO-Text der vermeintlichen Blogautorin Jacqueline über die Ausrichtung von Kindergeburtstagen, sind inzwischen 95 Prozent aller Blogs. ES WURDE ALLES KAPUTTGEMACHT.

Sorry, wollte jetzt gar nicht so düster klingen, sondern eigentlich Antville und dem Helma-Team zum zwanzigjährigen Jubiläum und zum unbeirrten Weitermachen gratulieren! Zwanzig Jahre keine Abomodelle, keine eingespielten Ads und keine wöchentlichen Änderungen der AGB per Mail. Ein unbezahlbarer, heute fast schon utopisch erscheinender Luxus. Ich bedanke mich! Aber auch für Antville als extrem wichtigen Ort meiner Internetsozialisation!

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